Thailand – Die ersten sechs Wochen in einem fremden Land

Sawatdee-ka!

Ich habe meinen folgenden Rundbrief in Kategorien unterteilt und jede mit einer Überschrift versehen. So können Sie sich / könnt Ihr euch einfach das zum Lesen heraussuchen, was euch interessiert.

Das Fountain of Life Center – Das Zentrum der Quelle des Lebens

Das Fountain of Life Center hier in Pattaya wird von den Schwestern vom Guten Hirten getragen. Es ist in zwei Zentren unterteilt, das Frauenzentrum und das Kinderzentrum.

Ich selbst arbeite im Frauenzentrum, das Platz für Frauen bietet, die am Rande der Gesellschaft stehen und meist vom Tourismus und den Touristen ausgenutzt werden. Die meisten Frauen kamen aus dem ärmeren Teilen Thailands (der Norden und der Nordosten) nach Pattaya, in der Hoffnung hier eine gute Arbeit zu finden und ihrer Familie zu Hause helfen zu können. Ein Großteil dieser Frauen landete jedoch in den berüchtigten Bar's, in denen sie als Bedienung, Tänzerin und Prostituierte arbeiten.

Im Zentrum werden die Frauen ermutigt und bestärkt, ihre Hilflosigkeit und Passivität in Lebensenergie und Selbstbewusstsein zu verwandeln. Damit haben sie dann die Chance, sich einen besseren Arbeitsplatz zu suchen, mehr Geld zu verdienen und vor allem von der Gesellschaft nicht mehr verachtet zu werden.

Die Ordensgründerin der Schwestern vom Guten Hirten, die Heilige Maria Euphrasia, sagte den Satz: „One person is of more value than the whole world!“ (Ein Mensch ist mehr wert als die ganze Welt.) Nach diesem Grundsatz wird hier im Zentrum gearbeitet.

Das Projekt konkret

Die Frauen, die das erste Mal ins Zentrum kommen, müssen sich anmelden. Dazu füllen sie einen Fragebogen und eine Art Anmeldeformular aus. Außerdem werden sie gebeten, kurz ihre Lebensgeschichte zu schildern und aufzuschreiben. Dann bekommen sie eine Art Mitgliedskarte und können sagen, was sie gerne lernen würden. Natürlich bekommen die Frauen auch psychologische Unterstützung und im Ernstfall auch medizinische Betreuung, sollten sie diese benötigen.

Die Hauptarbeit des Zentrums besteht aber aus Unterricht, um den Frauen Türen zu öffnen in eine andere Welt. Angeboten wird Thai-Unterricht, für jene, die nicht lesen und schreiben können, sowie als Fremdsprachen Englisch und Deutsch. Außerdem können die Frauen Schreibmaschiene schreiben lernen und wie man mit dem Computer umgeht. Für die handwerklich Begabten gibt es eine Frisörschule, Unterricht in traditioneller Thai-Massage und eine Schneiderei.

Die Frauen können außerdem wählen, ob sie vormittags oder nachmittags kommen wollen. Der Vormittagsunterricht findet von 9.30 Uhr bis 11.30 Uhr statt und der Nachmittagsunterricht von 12.30 Uhr bis 14.30 Uhr. Wann die Frauen kommen hängt meistens davon ab, als was und wann sie arbeiten und ob sie Kinder haben oder nicht. Arbeiten die Frauen die ganze Nacht über in der Bar, so kommen sie eher am Nachmittag, während Frauen, die nicht arbeiten oder die schon nachmittags anfangen, eher am Vormittag kommen. Jeden Montag können neue Schülerinnen anfangen.

Von den über 1500 Frauen, die eine Karte besitzen, also registriert sind, kommen nur etwa 200 bis 300 jeden Tag zum Unterricht. In der Mittagspause gibt es für alle die wollen ein leckeres Mittagessen im Zentrum. Natürlich auch für die Lehrerinnen und die Freiwilligen.

Mittwochs ist außerdem immer eine halbe Stunde Meeting für alle Schülerinnen und Mitarbeiterinnen des Zentrums. Dort werden anstehende Projekte und Aktivitäten besprochen und außerdem gespielt und viel gesungen.

Meine Aufgaben – meine Arbeit

Ich selbst unterrichte im Zentrum Deutsch. Ich habe die Deutschklassen von meinen Vorgängerinnen Verena und Mirjam übernommen. Manchmal ist das nicht so ganz einfach, weil die Frauen alle unterschiedlich gut sind und unterschiedlich viel wissen. Zum Glück habe ich bisher noch keine ganz neuen Schülerinnen bekommen, denn dann wird es wirklich schwierig. Da außer mir im Moment niemand hier ist um Deutsch zu unterrichten, müsste ich mit einem Teil der Klasse verschiedene Themen durchnehmen, während ich mit den neuen dann Basisdinge wie das Alphabet lerne. Bisher habe ich das aber zum Glück noch nicht. Für den Unterricht habe ich etwa 15 Themen, die ich mit den Frauen durchnehmen werde. Für ein Thema brauche ich normalerweise eine oder zwei Wochen. Wenn ich alle Themen unterrichtet habe, beginne ich wieder von vorne, damit auch Schülerinnen die zwischendurch einsteigen, alle Themen lernen können. Themen sind Dinge wie „sich vorstellen“, „Zahlen, Uhrzeit und Kalender“, „Berufe“, „Gefühle“, „der Körper“, „Essen und Trinken“, „Kleidung und Farben“ und noch einige mehr.

Jeden Morgen fahren wir Freiwilligen gemeinsam mit dem Fahrrad zum Kinderzentrum wo wir um 8 Uhr ein Meeting haben. Bei diesem besprechen wir alles was ansteht, reden über unsere Erfahrungen und Begegnungen und bekommen auch etwas über die Lebensgeschichten der Frauen und der Kinder im Kinderzentrum mit. Danach geht es zurück ins Frauenzentrum, wo um 9.30 Uhr der Unterricht beginnt.

Nach der Nachmittagsklasse gehe ich nach oben in unsere Wohnung, die sich im dritten Stock des Zentrums befindet.

Interessant ist vielleicht auch die Erkenntnis, dass man das Alter der Frauen eher an ihren Händen erkennen kann, als an den Gesichtern. In einer der Englisch-Klassen gibt es ein sehr außergewöhnliches Beispiel. Die Frau sieht vom Gesicht her aus wie 17, wenn man sich aber ihre Hände anschaut, weiß man, dass das nicht stimmen kann. Auf Nachfrage erzählte sie dann, dass sie 36 Jahre alt ist. Deshalb muss man auch mit einem Urteil vorsichtig sein, wenn man alte, weißhäutige Männer mit (vermeintlich) sehr jungen Thai-Frauen auf der Straße trifft.

Das Leben im Zentrum

Die Wohnung der Freiwilligen im Zentrum ist sehr groß und geräumig. Jeder hat sein eigenes Zimmer, dazu gibt es eine große Küche, ein Wohnzimmer, das gleichzeitig auch Eingangsraum ist, ein großes Badezimmer mit drei kleinen abgetrennten Duschen und Klos und um das ganze Haus herum einen Balkon bzw. eine Terrasse. Mein Zimmer ist etwas kleiner als die anderen Zimmer, hat dafür aber ein eigenes kleines Bad, das ich mir mit einem zweiten kleineren Zimmer teile. Viel mehr als mein Bett, mein Schreibtisch, mein Kleiderschrank und ein kleines Schränkchen passt zwar nicht ins Zimmer, aber es ist trotzdem super. In der Küche stehen zwei Kühlschränke in denen wir unser Essen und unsere Getränke aufbewahren können. Außerdem hat es dort auch einen Fernseher mit einigen englischsprachigen Programmen und sogar DeutscheWelle-TV.

Wasser haben wir nur kaltes, sowohl in den Badezimmern, als auch in der Küche. Wobei so ganz kalt ist das Wasser nicht, da es aus Tanks kommt, die auf unserer Terrasse stehen und dort von der Sonne und der warmen Luft gewärmt werden. Außerdem braucht man bei der Hitze hier eigentlich kein warmes Wasser. Nur wenn ich meine Wäsche waschen will – natürlich von Hand – dann mache ich mir Wasser im Wasserkocher heiß.

In der Küche gibt es einen Wasserfilter, aus dem wir unser Trinkwasser direkt in Flaschen abfüllen können. Das ist sehr geschickt, da das Leitungswasser nicht trinkbar ist. Zum Duschen und Zähneputzen kann man es aber ohne weiteres verwenden.

Um unser Frühstück und unser Abendessen müssen wir uns selbst kümmern, und am Wochenende auch um unser Mittagessen. Unter der Woche gibt es ja ein leckeres thailändisches Mittagessen im Zentrum. Abends esse ich manchmal zusammen mit P'Tim und P'Aor, das sind zwei der drei Thailänderinnen, die mit uns Freiwilligen in der Wohnung wohnen. Ansonsten gehen wir Freiwilligen auch öfters in ein nahe gelegenes, recht billiges Thai-Restaurant. Für Frühstück und Abendessen habe ich immer auch Brot, Butter und Käse sowie Milch und Haferflocken hier. Das kann ich alles im Supermarkt einkaufen. Ansonsten esse ich oft aber auch nur Früchte, die hier total lecker sind.

Für Haushaltsdinge zahlen wir jeden Monat 50 Baht Haushaltsgeld – das sind umgerechnet etwa 1,10€. Außerdem muss noch der Strom im eigenen Zimmer gezahlt werden. Wieviel Geld das ist hängt davon ab, wie oft man den Ventilator benutzt und seinen Handy-Akku auflädt. Außerdem hat jeder selbst für sein Klopapier zu sorgen, da Klopapier hier unüblich ist. Die Thais haben so eine Art Dusche für den Po. Außerdem ist es wegen den schmalen Rohren nicht erlaubt, das Klopapier in die Kloschüssel zu werfen. Man muss es immer extra im Abfalleimer entsorgen.

Außer mir sind zur Zeit noch fünf andere Freiwillige da, die meisten aber erst seit ein paar Tagen. Nur Tine aus Dänemark ist schon seit meiner Ankunft hier. Sie kam zwei Wochen vor mir ins Zentrum und wird insgesamt für 6 Monate (also bis Mitte Januar) bleiben. Seit zwei Wochen ist noch eine zweite Dänin hier, Mirah bleibt bis Ende Januar. Außerdem ist gerade wieder eine Gruppe irischer Freiwilliger (3 Freiwillige) hier, die aber nur für 4 1/2 Wochen im Zentrum unterrichten. In einer Woche kommen außerdem noch zwei Mädchen aus Belgien für sechs Monate.

Thai-Unterricht bei P'Aor

Schon zwei Wochen nach meiner Ankunft haben Tine und ich unseren Thai-Unterricht bei P'Aor, die mit uns im Zentrum wohnt, begonnen. Da ich ja auch zu Hause schon ein paar Stunden Unterricht hatte fällt mir das Lernen recht leicht. Ich merke wie ich immer wieder besser werde und wie es leichter wird, sich mit P'Tim zu unterhalten. P'Tim ist Köchin im Frauenzentrum und wohnt auch in unserer Wohnung. Sie spricht nur sehr wenig Englisch, was die Verständigung anfangs ziemlich schwer machte.

Pattaya

Ich weiß nicht, wie ich die Stadt Pattaya und das Leben hier wirklich treffend beschreiben kann. Vielleicht ist das unmöglich. Pattaya ist eine Großstadt mit sehr viel Lärm, Verkehr und Gestank. Und nicht zuletzt gibt es leider auch fast überall die berüchtigten Bars. Bei meiner Ankunft hier hat mich vor allem die drückende Hitze, der Gestank und der grausame Verkehr schockiert. Ich kam eben direkt aus dem Dorf in eine asiatische Großstadt. Mittlerweile habe ich mich längst an alles gewöhnt, auch wenn ich den Linksverkehr (!) immer noch sehr verrückt finde, vor allem wenn ich mit meinem Fahrrad unterwegs bin. Das schlimmste hier sind die ganzen Motorbikes, das sind zwar keine echten Motorräder sonder eher Scooter, aber sie sind überall. Da sich nicht jeder hier ein Auto leisten kann, sind auf den Motorbikes oft ganze Familien unterwegs. Das heißt Vater, Mutter und zwei oder drei Kinder. Helme sind zwar Pflicht, daran hält sich aber kaum jemand. Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer wird nicht genommen und wenn jemand den Weg versperrt, drückt man einfach so lange auf die Hupe bis der Weg frei ist.

Wir selbst legen größere Strecken normalerweise mit den Motorbike-Taxis oder mit den sogenannten Son-Thaus zurück. Ein Son-Thau ist eine Art umgebauter Pick-Up mit Bänken an den Seiten und einer Überdachung. Um einzusteigen stellt man sich einfach an den Straßenrand und wartet bis eines der Son-Thaus vorüberfährt, dieses hupt dann normalerweise und man muss nur noch winken, warten bis es angehalten hat und einsteigen. Dann fährt man die Strecke, die das Son-Thau fährt mit und wenn man aussteigen will, klingelt man mit einer der Klingeln die an der Überdachung angebracht sind. Für eine Stecke gibt man dem Fahrer beim Aussteigen 10 Baht (etwa 25 Cent), unabhängig davon, wie lang die Strecke war. Will man irgendwo bestimmtes hin, fragt man den Fahrer vorher ob er dort sowieso hin fährt und wenn nicht, wieviel er verlangt um dich dort hin zu bringen. Hier ist handeln angesagt, vor allem als „Farang“ (weißhäutig und westlich).

Ansonsten gibt es hier in der Stadt sehr viele herumstreunende Hunde, von denen die meisten aber zum Glück den Menschen aus dem Weg gehen. Nur selten bellen die Hunde mich an oder laufen mir sogar nach. Mit einem lauten „Verschwinde“ sind aber auch diese meistens zu vertreiben. Außerdem laufen überall Geckos herum – am meisten in der Wohnung. In der Küche kann man manchmal direkt zusehen, wie sie sich gegenseitig jagen. Sonderlich hübsche Tiere sind es allerdings nicht. Draußen auf der Straße begegnet man auch öfters mal dicken, fetten Kakerlaken, die ziemlich eklig sind.

Ich habe bestimmt noch einiges vergessen, was von dieser Stadt erzählenswert wäre, aber das schreibe ich dann eben in meinen nächsten Rundmails.

Mein Geburtstag – ein Stück thailändische Kultur

Zwei Wochen nach meiner Ankunft feierte ich meinen 19. Geburtstag. Da die Thais sehr gerne und auch recht viel feiern, freuten sie sich zu hören, dass es im August einen Geburtstag zu feiern gibt. Mit Tine, den Mitarbeiterinnen und den Schwestern des Zentrums habe ich am Vorabend vor meinem Geburtstag ein Thai-Barbecue erlebt. Das ist wirklich interessant, weil nicht einfach nur gegrillt wird. In einem Blecheimer befinden sich glühende Kohlen auf die ein Metallaufsatz gesetzt wird. Auf dessen Mitte werden Fleisch, Fisch und Krabben gegrillt. Außenrum wird Hühnerbrühe gegossen und durch die Wärme erhitzt und darin werden Nudeln und Gemüse gekocht. Nach dem Abendessen gab es sogar eine Geburtstagstorte mit viel Buttercreme für Tine und mich. Tine hatte zwar schon Anfang Juli Geburtstag, aber das macht ja nichts.

Am Morgen meines Geburtstags haben wir dann ein Stück Thai-Kultur entdeckt. Wir sind sehr früh aufgestanden und gemeinsam mit P'Aor und P'Tim zum Markt gefahren und haben auf vorüberlaufende Mönche gewartet. Zuvor hatten wir Essen und Getränke für die Mönche in Tüten gepackt. Kam ein Mönch, so knieten wir uns barfuß nieder, legten Essen und Getränke in eine Schale des Mönches und warteten in Gebetshaltung, während der Mönch ein kurzes Gebet sprach. In diesem bittet er Buddah, dass die Wünsche der Person vor ihm in Erfüllung gehen.

Danach sind Tine und ich gemeinsam mit Nok, die in der Küche des Zentrums hilft, auf die vor Pattaya vorgelagerte Insel Kohlarn gefahren. Dort haben wir einen sehr schönen und sonnigen Tag am Strand verbracht. Abends war ich nach einigen Telefonaten noch mit Tine essen.

Natürlich habe ich auch Geschenke bekommen. Außer dem Geburtstagskuchen noch einen (etwas kitschigen aber lustigen) Fächer von P'Aor und ein schönes Armband von Tine.

Das war es erst mal von mir.

Natürlich habe ich noch längst nicht alles erzählt. Deshalb wird es im nächsten Rundbrief unter anderem um folgende Themen gehen:

Ich hoffe, dass mein nächster Rundbrief nicht wieder so lange auf sich warten lässt.

Viele Grüße aus Thailand!!!
Cornelia